In letzter Zeit war es hier etwas ruhiger. Das hat verschiedene Gründe. Zunächst ist der BLOG bisher stark auf die Teilnahme an Trailevents ausgerichtet. Weitere Beiträge haben vor allem Läufe in meinen Urlaubsdestinationen zum Thema. Beides kam in letzter Zeit etwas kurz.
Alles auf den Kopf gestellt
Grund dafür ist die Covid-19-Pandemie, die wohl in jeden Bereich des Lebens einwirkt. Vieles wurde in den letzten zwei Jahren auf den Kopf gestellt, Gewohnheiten haben bzw. mussten sich verändern. Das Wort “Normalität” bekam plötzlich eine völlig neue Gewichtung. Was ist eigentlich normal? Was ist meine Realität? Und was mache ich, wenn sich alle Parameter fast schlagartig ändern? Antworten auf solche Fragen zu finden ist nicht immer einfach. Dass man sich mehr oder weniger intensiv damit auseinandersetzen muss, ist aber zwangsläufig notwendig.
Ich bin durch diese besondere Zeit mehr dazu gekommen, mich damit zu beschäftigen, wo meine Interessen liegen. Was mache ich wirklich gerne? Bei welchen Tätigkeiten erlebe ich ein Flow-Gefühl? Was sind PULSmomente in meinem Leben?
Diese Fragen gehören nicht gerade zu jenen, die man locker zwischendurch einfach so beantworten kann. Sie regen viel mehr dazu an, über sich selbst nachzudenken, seinen Alltag & Gewohnheiten zu überdenken, ein bisschen tiefer zu graben. Ich habe für mich eine klare Antwort darauf gefunden: Berge!
Berge als Garant für PULSmomente
Ob Sommer oder Winter, im Frühjahr oder Herbst, ob in Trailschuhen oder mit Skiern, ob in Bergschuhen oder barfuß. PULSmomente sind jedesmal garantiert. Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich ständig diesen Drang spüre, dort oben zu sein. Vom Gipfel aus über Täler und unzählige weitere Gipfel zu blicken, beim Gehen über Kämme die absolute Freiheit zu fühlen, beim Kraxeln über Felsblöcke meine Grenzen im Kopf zu durchbrechen. Das lässt mein Herz höherschlagen, macht mich sprachlos und nimmt mir manchmal beinahe die Luft zu atmen. Vergehen ein paar Tage ohne Berge, wird die Sehnsucht danach stetig größer und ich kann es kaum erwarten, wieder dort zu sein.
Ein unerreichbares Ziel?
Wahrscheinlich aus dieser Bergliebe heraus ist die Idee entstanden, den Gasteiner Gipfelkranz zu bestreiten.
Wobei – eigentlich ist es schon viele Jahre her, als ich auf einer Wanderung auf die Hagener Hütte mit einer Freundin über diese Idee gesprochen habe. Damals hatten wir die Idee, die 55 Gipfel rund um Gastein in den nächsten Jahren (ich glaube es waren 6 Jahre) zu begehen. Ganz ernst genommen haben wir es aber wohl beide nicht und daher das Projekt auch nicht ernsthaft weiterverfolgt. Ich hatte außerdem nie das Gefühl, dass ich das wirklich schaffen könnte. Zu schwierig, zu viel, zu unmöglich für mich – so ungefähr hörten sich die Gedanken in meinem Kopf an.
Der Gasteiner Gipfelkranz war also immer in meinem Kopf, eher aber als unerreichbares Ziel, das zwar cool wäre, aber höchstwahrscheinlich in meinem Kopf bleiben würde und nicht realisiert wird.
In den Jahren danach hat sich mein Leben stark in Richtung Berg verändert. Trailrunning wurde zu meiner Leidenschaft, meine Kondition verbesserte sich stetig, dazu die Trittsicherheit auf den Trails. Strecken wurden länger, Höhenmeter wurden mehr. Ich lernte dabei vor allem, dass viele Grenzen nur im Kopf bestehen, sie aber in der Realität überschritten werden können.
So steckte ich mir selbst immer größere Ziele, ohne mich dabei aber allzu viel mit anderen zu vergleichen. Mein Fokus lag bei mir und meinem Körper. Dinge zu erreichen, die vor nicht allzu langer Zeit noch außerhalb meiner Vorstellungskraft lagen, gab mir immer mehr Sicherheit und Selbstbewusstsein. Ein Meilenstein war sicherlich mein erster Ultratrail mit 48 Kilometern und 2600 Höhenmetern. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sehr ich mich einige Jahre zuvor freute, 5 Kilometer ohne Pause zu laufen.
Mit meiner zunehmenden Leistungsfähigkeit und den vielen Erfahrungen, die ich in den Bergen machte, wurde auch mein Interesse größer, neue Gipfel zu erklimmen und unbekannte Wege zu laufen oder gehen.
Der Gasteiner Gipfelkranz schwebte immer noch irgendwo in meinem Hinterkopf, war aber nicht sehr stark präsent.
Doch zu schaffen?
Das änderte sich, als ich meinen Freund kennenlernte und dieser gerade dabei war, seinen Gipfelkranz abzuschließen. Fasziniert von seinen Erzählungen hat es mich bald gepackt und mein Wunsch, das auch alles zu erleben, wurde wieder größer. Allerdings war ich immer noch wenig überzeugt davon, dass ich tatsächlich alle 55 Gipfel erreichen könnte, wurde mir bei vielen doch schon allein beim Gedanken an sie schwindlig und mulmig zumute.
Umso besser, wenn man Menschen begegnet, die sich ganz sicher sind, dass man es schaffen kann und keine Sekunde daran zweifeln.
Im Nachhinein betrachtet bin ich unglaublich dankbar und froh, dass ich teilweise “ins kalte Wasser” geschmissen wurde; ohne Druck, dafür mit viel Gelassenheit und Überzeugung, dass ich es schaffe.
Eine erste große Herausforderung waren die Könige von Sportgastein.
Dass danach für mich das Ziel, den Gasteiner Gipfelkranz zu erreichen und damit alle 55 Gipfel zu besteigen, einen großes Stück näher rückte, wird mein Bericht darüber ganz deutlich zeigen.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags stehe ich bei 49 Gipfeln, der Gasteiner Gipfelkranz ist also noch nicht geschafft. Selten passte das Sprichtwort „Der Weg ist das Ziel“ so gut wie bei diesem Projekt. Ich freue mich, noch „unterwegs“ zu sein! 🙂