Augen auf und durch
Weckerklingeln. Augen auf. Was tut weh? Was sagen meine Wadeln? Decke weg und gleich mal raus aus dem Bett um zu kontrollieren, was mir mein Körper nach den Strapazen des Kaisermarathons meldet. Erstaunlicherweise spürte ich außer Hunger nicht wirklich etwas Unangenehmes. Die Beine waren vielleicht noch ein bisschen schwer, aber von Muskelkater oder Schmerzen weit und breit keine Spur. So ein Glück! Oder würde sich das in den nächsten Minuten noch ändern?
Der nächste Blick gehörte dem Wetter. Wieder grau in grau und ein bisschen nieselte es auch. Aber das war mir egal. Nach dem gestrigen Tag schwebte ich irgendwie noch auf Wolken. Meine einzige Sorge war, dass mein Kreislauf nicht mitmachen würde. Aber jetzt wurde erst einmal gefrühstückt. Auch da machte ich mir weniger Sorgen als am Vortag. Weißwürste wählte ich zwar trotzdem lieber nicht, aber ansonsten griff ich überall zu, worauf ich Lust hatte. Danach konnte ich mich wieder einmal nicht entscheiden, was ich anziehen sollte. Da der Wetterbericht aber eher Regen als Sonne gemeldet hatte, entschied ich mich für ein langärmliges Shirt, 3/4 Hose und Kompressionsstrümpfe.
In der Ruhe liegt die Kraft
Auf dem Weg zum Start verzichtete ich aufs Einlaufen, nur ein bisschen gedehnt wurde, um meine Gelenke und Muskeln ein bisschen munterer zu machen. Am Startfeld war die Stimmung wieder gut, es fühlte sich alles ein bisschen gelassener an. TeilnehmerInnen und ZuschauerInnen waren zwar immer noch aufgeregt und motiviert, dennoch hatte ich das Gefühl, dass die Anspannung der vergangenen Tage von allen etwas abgefallen war und sich jeder einfach nur auf den Abschluss der Tour de Tirol, den Pölven Trail , freute.
Ein bisschen Spaß muss sein…
Bald fiel der Startschuss zum dritten Mal – selbst das war mittlerweile ein bisschen zur „Routine“ geworden – und wir liefen die Straße entlang, die mir in den letzten Tagen ziemlich vertraut wurde. Das Publikum jubelte uns zu und nicht allzu gestresst machten wir uns auf den Weg. Bald kamen wir in einen angenehmen Rhythmus und es machte erstaunlicherweise ziemlichen Spaß.
Einen kleinen Einbruch hatte ich, als es in Serpentinen eine ziemlich steile Trasse hinauf ging. Pfeifen im Ohr, Schwindelgefühl, das ich vom Training nur allzu gut kannte. Schnell nahm ich ein Gel und trank ordentlich. Ich war grundsätzlich fit, also wollte ich auf keinen Fall, dass der Tag hier schon endete. Mein Wille siegte und bald ging es mir wieder besser. Vielleicht half auch, dass ich meine volle Konzentration meiner Atmung widmete. Tief ein und aus, Kopf beruhigen und Körper mit ausreichend Sauerstoff füllen.
Nachdem das überstanden war, stellten wir fest, dass wir heute schon eher ein bisschen wie in Trance liefen. Da fiel auch das Konzentrieren etwas schwerer. Dafür hatten wir ziemlich viel Spaß, kamen mit unseren MitstreiterInnen immer wieder ein bisschen ins Reden. Teilweise blödelten wir so viel, dass wir uns wieder in Erinnerung rufen mussten, dass wir hier nicht nur zum Vergnügen waren, sondern an einem Rennen teilnahmen 🙂
Aber es war einfach lustig und schön, diese Höhen und Tiefen gemeinsam zu durchlaufen.
Die Strecke war abwechslungsreich und sehr schön zu laufen, führte durch Wälder über schmale Pfade, breitere Forststraßen und vorbei am Steinbruch Bad Häring, der normalerweise gesperrt ist und nur für diesen Wettbewerb geöffnet wird. Die freiwilligen HelferInnen an den Labestationen waren auch am dritten Tag voller Motivation dabei, kümmerten sich bestens um uns und brachten unsere müden Gesichter mit ihrer guten Laune zum Strahlen. Die Kartoffeln mit Salz schmeckten ebenfalls wieder vorzüglich 🙂 Alles hatte mittlerweile eine gewisse Routine, es konnte uns nichts mehr aus dem Konzept bringen.
Der letzte Gipfel
Höchster Punkt war das Juffinger Jöchl (1181m) und ich war wirklich froh, als wir dieses nach etwa 19 km erreicht hatten. Durch den zunehmenden Regen war der Boden ziemlich rutschig, weshalb wir uns mit unseren Blödeleien beim Bergablaufen – zumindest etwas – zurückhalten mussten. Die Strecke forderte wirklich volle Konzentration. Hin und wieder konnte ich mich zwar trotzdem nicht zurückhalten und musste irgendetwas Lustiges sagen, aber heil ans Ziel zu kommen war uns doch wichtig 😉
Der letzte Abschnitt war uns schon von den Vortagen bekannt. Großteils jedenfalls, denn als wir nach der letzten Labestation fest damit rechneten, dass es geradeaus weitergehen würde, zeigte das Schild links hinauf und es wartete noch ein letzter Anstieg auf uns. Völlig überflüssig – darüber waren wir uns einig 🙂
Aber was soll’s.
Das große Finale
Als nun wirklich die letzten Meter vor uns lagen, besprachen wir noch einmal unseren Zieleinlauf. Fix war, dass wir den Purzelbaum, den wir uns ursprünglich überlegt hatten, doch lieber bleiben ließen. Zu groß war die Gefahr, nicht mehr aufzukommen, wenn wir erst einmal am Boden lagen.
Im Endeffekt liefen wir im Gleichschritt mit einer Drehung ins Ziel, bevor wir uns unendlich erleichtert in die Arme fielen. Wieder strahlende Gesichter und Tränen – diesmal nicht nur in den Augen, sondern auch auf den Wangen.
Diese vielen PULSmomente, die ich an diesem Wochenende erlebt habe, brauchen wohl eine Weile, um verarbeitet zu werden. Doch eines war mir sofort klar: Die Mühen der letzten Monate waren sie auf jeden Fall wert!
Eine Antwort auf „Pölven Trail – Tag 3 der Tour de Tirol“